Nachhaltigkeit: Ein Nebeneffekt effizienter Lieferketten

Warum war der 23. Oktober 2005 so ein besonderer Tag?

An diesem Tag hielt der damalige Walmart-CEO Lee Scott eine Rede mit dem Titel Leadership im 21. Jahrhundert, von der man behaupten kann, sie habe das Zeitalter der Nachhaltigkeit in Bezug auf Lieferketten eingeläutet.

„Ökologische Verluste bedrohen unsere eigene Gesundheit und die Gesundheit der natürlichen Systeme, auf die wir angewiesen sind“, sagte Scott. Die Herausforderungen sind vielfältig:

  • Die Zunahme von Treibhausgasen, die zum Klimawandel und zu wetterbedingten Katastrophen beitragen.
  • Eine erhöhte Luftverschmutzung, die zu mehr Asthma- und anderen Atemwegserkrankungen führt.
  • Wasserverschmutzung, die sich zunehmend ausbreitet, wodurch die Versorgung mit sauberem, frischem Wasser zurückgeht. Über Wasser übertragene Krankheiten fordern jedes Jahr Millionen von Todesopfern, darunter vor allem Kinder.
  • Die Zerstörung wichtiger Lebensräume, was eine beispiellose Bedrohung für die Vielfalt des Lebens, die Natur und uns selbst darstellt. Und das waren nur ein paar Beispiele.

„Als eines der größten Unternehmen der Welt mit wachsender globaler Präsenz sind Umweltprobleme UNSERE Probleme. Die Versorgung mit Naturprodukten (Fisch, Nahrungsmitteln, Wasser) kann nur dann aufrechterhalten werden, wenn die Ökosysteme, aus denen sie stammen, erhalten und geschützt werden. Es gibt keine zwei Welten da draußen – eine Walmart-Welt und eine andere.“

Zwei Jahre später, im Herbst 2007, leitete ich auf der Jahreskonferenz des Council of Supply Chain Management Professionals (CSCMP) die meines Wissens nach allererste Veranstaltung zum Thema Nachhaltigkeit in der Lieferkette. Obwohl zu dieser Zeit in der Presse viel über das Thema Nachhaltigkeit geschrieben wurde und auf der Veranstaltung eine Reihe großartiger Redner von Unternehmen auftraten, die in diesem Bereich eine Vorreiterrolle spielten (Herman Miller, Whirlpool, Campbell Soup, Stonyfield Farm), zogen die Sitzungen nicht so viele Teilnehmer an, wie ich erwartet hatte. Mein Fazit aus der Konferenz: Es gab bedeutende Unterschiede zwischen dem Medienrummel um Nachhaltigkeit und der Priorität, die diese für die meisten Unternehmen einnahm.

Lieferketten als Herzstück von Nachhaltigkeitsstrategien

Zwölf Jahre später gibt es „kein ernstzunehmendes Unternehmen ohne eigene Nachhaltigkeitsstrategie“, wie Yossi Sheffi (Director, MIT Center for Transportation & Logistics) in einem kürzlich veröffentlichten LinkedIn-Artikel feststellt. „Und im Mittelpunkt dieser Strategien steht die Lieferkette.“

Sheffi fügt hinzu: „Bei den meisten Unternehmen entsteht der Großteil der Treibhausgasemissionen in der Lieferkette. Schlechte Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit und Menschenhandel gehören zu den sozialen Missständen, die sich all zu oft in Lieferketten finden. In den Schlagzeilen und verschiedenen Berichten wird die zunehmende Verbreitung dieser häufig verschwiegenen Praktiken angemahnt, was den Ruf der betreffenden Unternehmen erheblich schädigt. Hinzu kommt, dass das Lieferkettenmanagement im Mittelpunkt entscheidender Ressourcenfragen steht, z. B. danach, wie der ständig wachsende Berg von Plastikabfällen, der unsere Ozeane vermüllt, reduziert werden kann.“

Im vergangenen Sommer fragten wir unsere Forschungs-Community bei Indago, die sich aus Lieferketten- und Logistikexperten aus Produktion, Einzelhandel und Vertrieb zusammensetzt, ob Nachhaltigkeit heute im Lieferkettenbereich als Ziel definiert und gemessen wird. Fast 60 % der Befragten antworteten mit Ja.[1]

Nachhaltigkeit: Ein Nebeneffekt effizienter Lieferketten

Wir haben unsere Indago-Mitglieder außerdem gefragt, welche Maßnahmen ihre Unternehmen ergreifen, um die Nachhaltigkeit ihrer Lieferkette zu erhöhen. Die beiden am häufigsten genannten Maßnahmen waren ein „verstärktes Recycling von Materialien“ sowie die „Reduzierung von Betriebsabfällen“.

 

Nachhaltigkeit: Ein Nebeneffekt effizienter Lieferketten

Aus den Aussagen des folgenden Befragten geht jedoch hervor, dass hinter diesen Maßnahmen häufig eher der Wunsch nach gesteigerter Effizienz als nach Nachhaltigkeit steht: „Ich denke, Nachhaltigkeit ist ein gutes Marketinginstrument, aber für die meisten Unternehmen kein wesentlicher Anreiz. Was zählt und immer mehr an Bedeutung gewinnen wird, ist Effizienz. Ich denke, dass mit steigender Effizienz auch die Nachhaltigkeit zunehmen wird. Durch die Einführung von PCs wurde beispielsweise der Bedarf an Papier verringert – Nachhaltigkeit ist ein Nebeneffekt von Effizienz.“

Sheffi macht in seinem Artikel eine weitere wichtige Feststellung: „Wir wissen nicht genau, was eine nachhaltige Lieferkette ausmacht. Darüber hinaus ist unklar, welche Ressourcen Unternehmen in ihren Lieferketten zugunsten von Nachhaltigkeit einsetzen und inwieweit sie unter Druck stehen, ihre Ziele in diesem Bereich offenzulegen und zu erreichen.“

Auch in den Kommentaren unserer Indago-Mitglieder finden sich diese Punkte wieder:

„Nachhaltigkeit in der Lieferkette scheint zwar aus PR-Sicht an Bedeutung zu gewinnen, aber meiner Erfahrung nach wird sie auf Managementebene nicht wirklich als Notwendigkeit angesehen.“

„Ich glaube, dass Nachhaltigkeit auch weiterhin ein Verkaufs- bzw. Differenzierungsmerkmal sein wird. Ich glaube aber auch und habe erlebt, dass Kunden zwar gerne über Nachhaltigkeit reden, aber sie nur dann aktiv einfordern, wenn sie mit Kostenersparnissen verbunden ist… Es wird erwartet, dass Hersteller [Zusatzkosten zugunsten erhöhter Nachhaltigkeit selbst übernehmen] anstatt sie mit den Kunden für ein Win-Win zu teilen.“

Daher scheint sich die Weisheit „Green is good for business“ nach wie vor zu bewahrheiten – hauptsächlich jedoch deshalb, weil die einzigen „grünen“ Initiativen, die genehmigt und umgesetzt werden, solche sind, die Kosten senken oder einen anderweitigen Vorteil im Hinblick auf Finanzen und Effizienz haben (oder gesetzlich gefordert werden).

Transportwesen: Wo sich Nachhaltigkeit und Effizienz überschneiden

Wenn Nachhaltigkeit wirklich ein Nebeneffekt von Effizienz ist, ist das Transportwesen der Punkt, an dem sich beides überschneidet.

Nach Angaben des Environmental Defense Fund ist der Warenverkehr Ursache für sieben Prozent aller Treibhausgasemissionen von Unternehmen. Diese stammen direkt von Lastwagen, Zügen, Schiffen und Flugzeugen, die Güter transportieren.

Es überrascht nicht, dass viele Unternehmen bereits vor Jahren ihre Maßnahmen zur Nachhaltigkeit einleiteten, indem sie sich zunächst auf den Bereich Transport konzentrierten. Das könnte erklären, warum der „Einsatz von Optimierungssoftware zur Schaffung effizienterer Transport-/Fulfillment-Routen“ in unserer Indago-Umfrage als relativ unbedeutend eingestuft wurde: Nicht, weil er für Unternehmen keine Rolle spielt, sondern weil dieser Punkt bereits erledigt wurde.

In meinem letzten Gastkommentar zur Transportoptimierung schrieb ich: „Unabhängig davon, wie einfach oder komplex sich Ihr Transportbetrieb gestaltet, sollten Sie immer den Status quo in Frage stellen und nach Möglichkeiten suchen, Kosten zu senken, den Service zu verbessern, Risiken zu reduzieren und das Kundenerlebnis zu optimieren.“ Dabei habe ich eine Option ausgelassen, die von einer wachsenden Zahl von Unternehmen genutzt wird: Die Möglichkeit, ihre CO₂-Bilanz zu senken.

Jedes Unternehmen, das ein Transportmanagementsystem (TMS) zur Optimierung und Ausführung seiner Transportprozesse einsetzt, reduziert damit automatisch auch seine CO₂-Bilanz – sei es durch die Zusammenführung mehrerer Lieferungen zu einer einzigen LKW-Ladung, durch den Umstieg auf Transportmittel mit geringerem CO₂-Fußabdruck (z.B. von LKW auf Schiene oder von Flugzeug auf Schiff) oder durch die Reduzierung der zurückgelegten Kilometer (und damit des Bedarfs an LKWs und Benzin) bei lokalen Lieferungen.

Unternehmen, die sowohl konventionelle Transportunternehmen als auch ihre eigene Flotte einsetzen, können mit einem TMS die verfügbaren Ressourcen auf integrierte und intelligente Weise optimieren. In der Regel führt dies zu einer besseren Nutzung der Kapazitäten der eigenen Flotte, kürzeren Fahrstrecken und weniger LKWs auf der Straße, was gemeinsam auch eine Verringerung der CO₂-Bilanz bedeutet.

Im Bereich Frachteinkauf kann ein TMS Unternehmen helfen, Nachhaltigkeit in ihren Ausschreibungs- und Auswahlprozess zu integrieren. Beispielsweise können Unternehmen die Nutzung von SmartWay als zusätzlichen Faktor bei der Bewertung und Einstufung von Spediteuren durch das TMS einbeziehen. Für manche Unternehmen ist die Nutzung von SmartWay sogar eine strenge Voraussetzung.

Und im Bereich Business Intelligence und Analyse bieten viele TMS-Dashboards inzwischen einen Einblick in Nachhaltigkeitsdaten. Dadurch können Unternehmen bei verschiedenen Verkehrsmitteln und Routen nicht nur zwischen Kosten und Service abwägen, sondern sich auch über die entstehenden Treibhausgasemissionen und CO₂-Bilanz informieren. Mit dem TMS von Manhattan Associates können Benutzer beispielsweise, wie im folgenden Screenshot gezeigt, Nachhaltigkeits-KPIs/Kennzahlen nachverfolgen und so Fortschritte im Bereich einer grüneren Lieferkettengestaltung messen.
 

Nachhaltigkeit: Ein Nebeneffekt effizienter Lieferketten

Quelle: Manhattan Associates

Alles in allem lässt sich fast behaupten, das "S" in TMS stünde für „Sustainability“. Gregg Lanyard, Director of Product Management bei Manhattan Associates, kann diesen Punkt nur unterstreichen:

„Lieferketten sind heute dynamischer und instabiler als je zuvor. Wenn man an kontinuierliches Netzwerkdesign und kontinuierliche Optimierung denkt, hilft ein TMS naturgemäß der Umwelt als Ganzem. Wenn geeignete Wege für Rücktransporte bestimmt werden, festgelegt wird, wann die eigene Flotte und wann beauftragte Spediteure eingesetzt werden sollen, wenn die Anzahl der Leerfahrten im gesamten Netzwerk reduziert, die Auslastung der vorhandenen Transportmittel erhöht und die Gesamtzahl der Transporte verringert wird, dann trägt das alles zur Nachhaltigkeit bei. Und auf Seiten der Analytik und Berichterstattung können wir heute dank eines TMS Effizienz, Kraftstoffverbrauch und Auslastung von Anhängern sowie die CO₂-Bilanz besser messen. Und wenn man Dinge messen kann, werden sie auch erledigt.“

Weitere Gelegenheiten zur Verbesserung

Im Transportbereich stehen noch viele Möglichkeiten zur Verbesserung von Effizienz und Nachhaltigkeit offen. Eine der größten Chancen besteht darin, die Anzahl der für den Produkttransport erforderlichen LKWs durch die Entwicklung intelligenterer Verpackungs- und Produktdesigns zu reduzieren.

Im Juli 2015 veröffentlichte zum Beispiel The Wall Street Journal einen Artikel, der beleuchtet, wie IKEA die Gestaltung von Verpackungen am Versand orientiert, was allein bei einem Produkt dazu führt, dass jährlich fast 7.500 Lastwagen weniger unterwegs sind.

Das WSJ veröffentlichte außerdem einen Artikel über das iBubble Wrap der Sealed Air Corporation. Im Gegensatz zur herkömmlichen Luftpolsterfolie wird diese neue Version im flachen Zustand verkauft und der Kunde kann die Folie vor Ort mit einer speziellen Pumpe mit Luft füllen. Da das Verpackungsmaterial nicht in Form sperriger Rollen, sondern als flache Bögen geliefert wird, passt in einen LKW so viel iBubble-Wrap, dass für die gleiche Menge des alten Produkts 47 LKW-Ladungen nötig gewesen wären.

Außerdem besteht noch viel Spielraum was die Reduzierung von Leerfahrten und Rücktransporten angeht. Laut dem National Private Truck Council stehen z. B. 26 % aller Leerfahrten privater Flotten für Rücktransporte zur Verfügung, wobei 42 % dieser Leerfahrten anderen „zum Verkauf“ angeboten werden. Allerdings war es schon immer eine Herausforderung, diesen verfügbaren Kapazitäten passende Ladungen zuzuweisen und die Ausführung und Bezahlung zu organisieren.

Die gute Nachricht ist, dass es durch technischen Fortschritt – insbesondere in den Bereichen Cloud Computing, Software-as-a-Service, Schnittstellen zur Anwendungsprogrammierung und Mobile Computing – für Versandunternehmen, Spediteure und Zwischenhändler aller Größenordnungen, aber auch für private Flotten und andere im Transportökosystem tätige Unternehmen, einfacher wird, sich zu integrieren und Geschäfte miteinander zu tätigen.

Die Nachhaltigkeit von Lieferketten beginnt mit dem Design

Ich habe meine Karriere in der Produktentwicklung begonnen, und eine der Wahrheiten, die man dort schnell lernt, ist, dass alle Änderungen, die man an einem Produkt in der Designphase vornimmt, um ein Vielfaches einfacher und weniger kostspielig umzusetzen sind, als wenn man sie erst machen will, wenn das Produkt bereits in Produktion ist.

Einfach gesagt heißt das, dass die Entscheidungen, die Sie in der Entwurfsphase treffen, oft langfristige Auswirkungen haben, sodass es am besten ist, alle Optionen und Kompromisse im Vorfeld zu durchdenken (siehe Problem Boeing 737 MAX).

Tatsache ist, dass die meisten Produkte und Lieferketten, die wir heute nutzen, nicht im Hinblick auf Nachhaltigkeit konzipiert wurden. Wenn Sie zum Beispiel ein Produkt nicht so entwerfen, dass es einfach und kostengünstig zerlegt und seine Materialien wiederverwendet/recycelt werden können, dann landet es früher oder später auf der Mülldeponie. Ähnlich sieht es bei der Entwicklung von Lieferketten aus: Wenn Sie bei der Gestaltung Ihres Netzwerks bedeutende Investitionen in Fabriken und Vertriebszentren machen, ohne dabei die CO₂-Bilanz oder andere Faktoren in Bezug auf Nachhaltigkeit zu bedenken, werden Sie letztendlich über Jahre an dieses vorhandene Netzwerk gebunden sein, sofern Sie keine finanziellen Einbußen machen wollen.

Seit jenem Tag im Oktober 2005 haben wir sicherlich Fortschritte in Bezug auf die Nachhaltigkeit von Lieferketten gemacht. Aber zwischen den Aussagen von Unternehmen zum Thema Nachhaltigkeit und ihren realen Taten besteht immer noch ein entscheidender Unterschied. Die beste Methode, um diesen Unterschied zu verringern, ist es, mehr Nachhaltigkeit in die Lieferkettengestaltung einfließen zu lassen.

Alles optimieren. Manhattan TMS.


[1] Die Stichprobengröße war zwar relativ klein, aber bei allen Befragten handelte es sich um hochrangige Führungskräfte (50 % auf Direktorenebene oder höher) aus einer Vielzahl von Unternehmen und Branchen (42 % aus Unternehmen mit einem Wert von über einer Milliarde USD aus der Lebensmittel- und Getränkeindustrie, dem Einzelhandel, der Konsumgüterindustrie, der Automobilindustrie etc.).

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