Kein Zeichen des Rückgangs beim Quick-Commerce-Boom

Quick Commerce, Expresslieferung, Versorgung des „Instant-Needs“-Marktes. Nennen Sie es, wie Sie wollen, aber der Super-Convenience-Boom ist da und wird bleiben.

Was zunächst vielleicht als pandemiebedingtes Hoch gesehen wurde, wird bleibende Auswirkungen auf den Einzelhandel und seine Lieferketten haben. Vergessen Sie Lieferungen am selben Tag oder innerhalb einer Stunde; die Lieferung von Lebensmitteln innerhalb von 15 Minuten wird weltweit in vielen Städten immer mehr zur Norm.

Aber besteht dafür wirklich ein Bedarf? Sind Lebensmittelbestellungen wirklich so zeitkritisch? Und wie wirtschaftlich tragfähig ist dieses Modell? In diesem Blogbeitrag beschäftigen wir uns mit einigen dieser Themen und finden heraus, was das Jahr 2022 mit sich bringen könnte.

Disruption der Disruption

Zunächst einmal sollten wir uns bewusst machen, dass wir in einer universell vernetzten Welt leben. Einer Welt, die sich digital erschließen lässt und Annehmlichkeiten auf Knopfdruck bietet. Eine Welt, in der wir uns die Stunden mit dem Konsum digitaler Inhalte vertreiben können, eine Welt des Komforts und der unbegrenzten Auswahl. Eine Welt mit Sofortzugriff auf Millionen von Produkten, Songs und Filmen.

Wir leben zwar in einem On-Demand-Zeitalter, aber wenn es um den Einkauf von Lebensmitteln geht, fand dieser bis vor Kurzem hauptsächlich in Form eines Wocheneinkaufs online statt. Wurde unter der Woche schnell Lebensmittelnachschub benötigt, war das nach wie vor ein analoges Erlebnis.  

Die nie dagewesene , durch die Pandemie verursachte Disruption hat nicht nur die Verbreitung des Online-Lebensmitteleinkaufs beschleunigt, sondern auch einen ganz neuen Kanal geschaffen – gerade erleben wir die Digitalisierung von Nachschubkäufen.

15-Minuten-Supermärkte wie Gorillas oder international GoPuff, Getir und Zapp fahren schwere Geschütze auf, präsentieren sich stolz als neue Marken und schaffen ein gänzlich neues Kundenerlebnis, scheinbar ohne sich von zahlreichen Wettbewerbern oder geringen Margen aufhalten zu lassen.

Diese Expresslieferdienste sind sozusagen der Kiosk oder Späti des 21. Jahrhunderts und versorgen alle, die „noch schnell was einkaufen“ müssen – seien es eine oder zwei Zutaten fürs Abendessen, ausgegangene Windeln oder Bier – oder die sich in Quarantäne befinden und kein Zeitfenster mehr bei den großen Supermärkten finden. Sie stellen den Status Quo infrage und definieren Unmittelbarkeit neu. Eine Nische, die in der derzeitigen Situation aber von höchster Relevanz ist.

Doch, auch wenn Kunden zu schnellerer Lieferung und besserem Service niemals nein sagen werden, stellt sich trotz dessen die Frage , ob diese winzige Sparte des Lebensmittelkanals die Disruption wirklich wert ist? „Winzig“, sage ich dabei aus drei Gründen:

1) Wie bereits erklärt bedient die Lebensmittellieferung in 15 Minuten eine sehr spezifische Einkaufsnische – Nachschub, „für heute Abend“ und To-Go-Produkte

2) Seien wir ehrlich, dieses Modell erfordert eine hohe Bevölkerungsdichte und wird deshalb immer weitgehend auf Städte beschränkt sein

3) Trotz aller Bemühungen um eine allgemeinere Zugänglichkeit ist Expresslieferung ein Premiumservice, der sich an Kunden mit wenig Zeit und häufig mit viel Geld richtet

Laut IGD hat der Quick-Commerce-Sektor in Großbritannien derzeit einen Wert von 1,4 Mrd. GBP und könnte sich auf 3,3 Mrd. GBP mehr als verdoppeln – immer noch ein ausgesprochen kleiner Teil eines Sektors von über 200 Mrd. GBP.

Boom oder Flop

Ist der Hype um Quick Commerce also berechtigt? Oder handelt es sich um eine weitere pandemiebedingte Innovation, die heimlich wieder verschwinden wird, sobald wir uns an die neue Normalität gewöhnt haben?

Meiner Ansicht nach wird uns Expresslieferung auf die eine oder andere Art erhalten bleiben. In den letzten Jahren wurde der Preiskrieg der Supermärkte durch einen Lieferkrieg abgelöst. Die Zustellung in 15 Minuten stellt dabei eine neue Stufe dar, auf die sich klassische Supermärkte – und selbst Amazon – bisher niemals begeben hätten.

Warum nicht? Weil das Modell chaotisch ist. Sie versprechen Kunden das Blaue vom Himmel und eine einzige schlechte Erfahrung kann sich nachteilig auf die Marke auswirken. Es handelt sich um ein unerprobtes und äußerst kostenintensives Modell, das große Nähe zum Kunden erfordert (wer eine Zustellung innerhalb von 15 Minuten verspricht, sollte sich in einem Umkreis von 2 bis 3 km befinden). Und genau wie Discounter müssen Sie erhebliche Abstriche bei der Produktpalette machen, um die Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten.

Aber Zeit ist ein wertvolles Gut und Anbieter von Expresslieferdiensten haben den riskanten Schritt gewagt. Das Ergebnis sind Supermärkte auf Steroiden. Es handelt sich um eine Ausweitung von „White Glove Service“, einem Trend, der sich schon lange vor COVID abzeichnete.

Für manche ruft Quick Commerce vielleicht das Bild einer dystopischen Zukunft hervor, in der wir noch nicht einmal mehr vom Sofa aufstehen müssen, wenn uns das Brot ausgeht. Für andere ist es eher ein Fall von „Zurück in die Zukunft“ – der Milchmann des digitalen Zeitalters.

Unabhängig davon würde es schwierig werden, Kunden von der neuen Bequemlichkeit, die sie ausleben durften, wieder zu entwöhnen, weshalb der Markt gar keine andere Wahl hat, als nachzuziehen. Wir haben bereits den Beginn der unvermeidlichen Zusammenführung innerhalb dieses aufstrebenden Sektors sowie eine zunehmende Anzahl von Partnerschaften mit verschiedenen Lebensmittelhändlern erlebt. 2022 könnten wir durchaus die Übernahme eines Expresslieferdienstes durch einen der großen Supermärkte erleben.

Quick Commerce ist und bleibt ein Nischensegment des Online-Lebensmittelhandels, allerdings eines, das man nicht ignorieren sollte, da es weitreichende Auswirkungen auf Einzelhandelslieferketten hat.

Ob es sich nun um die praktischen Verfahren beim Micro-Fulfillment handelt (z. B. Automatisierung oder Integration von Mensch und Maschine), um „Last-Mile“-Transportmodelle oder um das umfassendere Konzept der Annäherung der Lieferketten an die Verbraucher – die Auswirkungen des Quick Commerce könnten 2022 und darüber hinaus weit über seinen unmittelbaren Wirkungsbereich hinaus spürbar sein.  

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