Die Einführung neuer wichtiger Technologien und Strategien für die Resilienz und Agilität der Pharmalieferketten
- 9. Juni 2021
- By Manhattan Staff
Der E-Commerce Boom in den vergangenen zwölf Monaten hat alle Branchen erfasst und deckt sich mit dem Sprichwort „Eine steigende Flut hebt alle Boote“.
Während der E-Commerce über die vergangenen zwölf Monate zweifelsohne die Liquidität vieler Marken und Sektoren schützte, sind daraus auch Geschäfts- und Betriebsmodelle mit einer Reihe von Herausforderungen entstanden; nicht zuletzt in der Pharmaindustrie, in welcher der Direktvertrieb an Kunden im Bereich rezeptfreier Arzneimittel transformative Auswirkungen auf den Lieferkettenbetrieb wie auch die Fulfilment-Strategien hat.
Die Digitalisierung der Pharmaindustrie
Über das vergangene Jahr haben wir verschiedene signifikante Veränderungen hin zu einer End-to-End-Digitalisierung im pharmazeutischen Bereich beobachtet. Was Arzneimittel anbelangt, haben die Rückverfolgung (aus Compliance-Sicht) und Digitalisierung (aus betrieblicher Sicht) seit einiger Zeit primäre Bedeutung. Die COVID-19-Krise hat diesen Mix allerdings um eine weitere Komponente ergänzt, da immer mehr Verbraucher nach einem DTC-Ansatz verlangen, so wie dies jetzt auch im Einzelhandels- und Großhandelssektor der Fall ist.
Während Technologie zur Überwachung der Integrität und Herkunft von Produkten sowie der Mindesthaltbarkeitsdaten seit jeher eine Priorität im Pharmasektor gewesen ist und die Serialisierung im Zuge der branchenweiten Maßnahmen zur Bekämpfung von Arzneimittelfälschung immer mehr an Bedeutung gewonnen hat, beeinflusst die Technologie immer mehr die Erwartungshaltung der Verbraucher hinsichtlich der Einkaufs- und Bezugsmöglichkeiten –auch was Arzneimittel betrifft.
Während die Pandemie „Glaubwürdigkeitsprobleme“ mit Impfstoffchargen hervorgehoben und einen starken Trend hin zu einer Überwachung und Handhabung des Lieferkettenrisikos gefördert hat, fungierte sie ebenfalls als Katalysator für neue Ansätze. Dies ist vor allem auf die breite Akzeptanz des E-Commerce durch alle weltweiten Sektoren in der Bevölkerung zurückzuführen – insbesondere im Bereich Fulfillment-Strategien.
Investitionen in den digitalen Wandel und Innovationen sind für alle Bereiche in der Lieferkette wichtig und Technologien wie die Cloud, Robotik, Automatisierung sind von großer Bedeutung, um den Herausforderungen der neuen Fulfillment-Strategien, die zur Erfüllung der veränderten Verbrauchererwartungen erforderlich sind, begegnen zu können.
Bessere Agilität UND Sichtbarkeit in der Lieferkette durch neue Technologien
Bei der Sichtbarkeit in der Pharmalieferkette geht es darum, das eigene Netzwerk und die Versorgungsbasis zu kennen und Echtzeit-Informationen parat zu haben, um an jeder Netzwerkstelle, vom Abfüllen und der Kennzeichnung über die Lagerung und den Vertrieb bis zur Lieferung an die Haustür (die mittlerweile gang und gäbe ist), zu wissen, wo sich die Produkte befinden. Dies ist ebenfalls wichtig, um mit Entwicklungstrends und veränderten Verbrauchererwartungen Schritt halten zu können –als Paradebeispiel hierfür dienen DTC-Onlinebestellungen.
Die Übertragung der folgenden technologischen Anwendungsbereiche auf die Pharmaindustrie verdeutlicht die Verbesserungsmöglichkeiten in puncto Sichtbarkeit und Agilität:
- Das Internet der Dinge (IoT) betrifft den immensen und stetig wachsenden Bestand an vernetzten Geräten. Der Anstieg an IoT-Innovationen ermöglicht es dem Menschen, mehrere Aufgaben in unterschiedlicher Weise durchzuführen und bietet eine bessere Sichtbarkeit über den gesamten Prozess. Aus Sicht der Arzneimittelherstellung kann die erhöhte Transparenz für planmäßige Betriebsabläufe und weniger Komplikationen sorgen. Das IoT kann zudem andere Verarbeitungsverbesserungen ergänzen.
- IoT-Sensoren können Arzneimittelvertretern dabei helfen, sicherzustellen, dass sie die richtigen Prozesse befolgen, um regulatorische Anforderungen zu erfüllen, und im Falle eines Produktrückrufs können IoT-Sensoren prüfen, ob Fehler aufgetreten sind, und Erkenntnisse liefern, um Korrekturmaßnahmen schnell in die Wege zu leiten.
- Ein weiterer Verwendungszweck des IoT in der Welt der Arzneimittel betrifft digitale Zwillinge. Hierbei handelt es sich um virtuelle Abbildungen von Ausrüstungsteilen, Fabrikabschnitten oder aktuellen Prozessen (bspw. Lagerhaltung und Fulfilment). Digitale Zwillinge, die mit IoT-Sensoren vernetzt sind, können eine umfassende Sicht auf Betriebstätigkeiten bieten, und zeigen, in welchen Bereichen Dinge gut funktionieren und wo noch Raum für Verbesserungen ist.
- Unternehmen aus zahlreichen Sektoren nutzen Big Data und Analysesoftware zur Steuerung der Entscheidungsfindung und Verfolgung von Verbrauchertrends –die Pharmaindustrie bildet da keine Ausnahme. Das vergangene Jahr hat den Bedarf zur Stärkung der Lieferketten und für bessere operative Entscheidungen verdeutlicht. Daten ermöglichen Organisationen die Berücksichtigung von Fakten, anstatt sich vor allem auf ihren Instinkt zu verlassen.
- Der Pharmasektor war kein Vorreiter von künstlicher Intelligenz (KI), angesichts der Vielfalt an praktischen Anwendungsmöglichkeiten ist die KI allerdings ideal für verschiedene Anforderungen geeignet, mit denen Arzneimittelvertreter konfrontiert sind. Eine Marketing-Fachkraft könnte bspw. KI nutzen, um die Patientenreise vorherzusagen und um herauszufinden, welche Marketing-Maßnahmen Patienten am effektivsten davon überzeugen, mehr über ein Medikament zu erfahren oder Ärzte um eine Verschreibung zu bitten.
- Historische Daten erweisen sich zudem als hilfreiche Prognose für zukünftige Unterbrechungen der Lieferkette und ermöglichen eine bessere Vorbereitung. Außerdem können andere Lösungen strategischer eingesetzt werden. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Einsatz von IoT-Sensoren über die vergangenen vier Monate, die von vielen Pharmaunternehmen verwendet werden, um die Kühlkette für COVID-19-Impfungen zu überwachen und zu steuern.
Da immer mehr Organisationen Maßnahmen ergreifen, um die Integration über verschiedene kritische Betriebstätigkeiten hinweg zu erhöhen, ist die Verwendung von End-to-End-Tools immer wichtiger. Hierdurch wird angesichts der fortwährenden Entwicklungen in der Pharmaindustrie die Kontinuität der Versorgung, der Produktion, des Vertriebs, des Transports und der Umkehrlogistik sichergestellt.
Die erfolgreichsten Pharmaunternehmen werden diejenigen sein, welche die Initiative ergreifen und agile, effiziente Lieferketten etablieren (virtuell oder physisch), um diese geschäftliche Transparenz von Anfang bis Ende zu unterstützen, und dabei erkennen, dass Informationen und Sichtbarkeit die zwei wichtigsten neuen Währungen für langfristigen Erfolg sind.
BEARBEITUNG VON KLEINEN UND SCHNELLEN ONLINE-BESTELLUNGEN VON GROSSER BEDEUTUNG
Da mittlerweile viele Organisationen langsam die Herausforderungen der vergangenen zwölf Monate hinter sich lassen, rücken neue Herausforderungen ins Rampenlicht: wie können sich Marken auf zukünftige disruptive Veränderungen vorbereiten? Welche Prozesse und Systeme sind erforderlich?Wie sieht das Lagerhaus und die Fulfilment-Strategie der Zukunft aus und welche Bedeutung kommt dabei dem Menschen zu?
Die größte Herausforderung, mit denen pharmazeutische Fulfilment-Strategien heute konfrontiert sind, ist die Verarbeitung von Online-Bestellungen, die häufig nur ein oder zwei Artikel umfassen.
Die meisten Lagerhäuser und B2B2C-Modelle wurden üblicherweise auf einen Paletten- oder Kartonbetrieb ausgelegt, das Abfertigen, Verpacken und Versenden kleiner Bestellungen direkt an den Verbraucher (was beim E-Commerce häufig der Fall ist) stellt jedoch eine völlig andere Herausforderung dar.Angesichts der immer späteren Bestellannahmeschlusszeiten, die viele Marken online anbieten, ist die Herausforderung umso größer.
Die Zeiten, in denen Lagerhäusern drei Tage lang Zeit blieb, um eine Bestellung zu verarbeiten, sind vorbei. Über 2020 wurde die Lieferung am gleichen oder am darauffolgenden Tag zur üblichen Erwartung vieler Verbraucher. Und Lagerhäuser, die ihre Prozesse und Fulfillment-Strategien nicht entsprechend anpassen, um dieser neuen Verbrauchererwartung zu begegnen, sind dem Risiko ausgesetzt, obsolet zu werden.
Abholungen für eine zukunftssichere Lieferkette
Über das vergangene Jahr wurden wir aus erster Hand Zeuge, dass die Geschwindigkeit, mit der Organisationen Innovationen umsetzen, über die Zufriedenheit der Direktkunden und somit indirekt über den gesamten Erfolg entscheidet.Falls die Prozesse und Systeme innerhalb einer Organisation die Veränderungsgeschwindigkeit auf makroökonomischer Ebene, auf Ebene der Kundentrends nicht widerspiegeln können, werden Organisationen damit zu kämpfen haben, ihre Bedeutung zu behaupten.
Das Jahr 2020 war zweifelsohne herausfordernd, es hat jedoch auch die Geschwindigkeit der Veränderungen in vielen Geschäftsbereichen beschleunigt. Lieferketten und alle damit verbundenen Bestandteile (Fulfillment, Lagerhäuser, Transport usw.) haben mittlerweile einen enorm hohen Stellenwert auf Ebene der Geschäftsführung.Es ist entscheidend, dass die heutigen Lieferketten-Teams soweit möglich die eventuellen zukünftigen Verbrauchererwartungen vorhersehen und die Prozesse (Fulfillment und Transport) sowie Strategien eingerichtet haben, um diese direkt zu adressieren.